Warum „Vertraue nicht“ die größte Hürde in deinen Beziehungen ist – Wie die Enttäuschungen unserer Kindheit unser Erwachsenenleben prägen
Hey, DU!
…kennst du das Gefühl, wenn das Leben dich in die Knie zwingt und du dich fragst, warum du nicht einfach vertrauen kannst?
Ich erinnere mich an die schlaflosen Nächte, in denen ich in meinem Zimmers saß und die Geräusche aus dem Erdgeschoss hörte. Die gebrochenen Versprechen meines Vaters, die ständigen Kämpfe, Streits und der Geruch von Zigaretten & Alkohol, der in der Luft hing, waren wie ein Schatten, der lange über meiner Kindheit hing. Ich dachte immer, mein Vater liebe den Alkohol mehr als mich.
Selten zeigte er Zuneigung, und wenn er mich doch umarmte, fühlte es sich fremd und unangenehm an – oft nach diesen schrecklichen Abenden, an denen er wieder versprach: „Ich höre auf zu trinken. Ich werde alles für dich tun.“ Doch die nächsten Tage vergingen und nichts änderte sich. Die Flasche war immer noch sein treuester Begleiter, und ich blieb zurück mit der Frage: „Warum liebt er mich nicht genug, um aufzuhören?“
Mit jedem gebrochenen Versprechen wuchs die Überzeugung in mir: „Ich bin nicht gut genug, nicht hübsch genug, nicht wert, geliebt zu werden.“ Diese Gedanken nisteten sich in mir ein, während ich versuchte, die Liebe meines Vaters zu gewinnen. Doch je mehr ich kämpfte, desto mehr stellte ich fest, dass ich ihm nicht genug bedeutete.
In diesen Momenten des Zweifels und der Einsamkeit formte sich die unausgesprochene Regel: „Vertraue nicht…“ Ich lernte schnell, dass Vertrauen ein gefährliches Spiel ist. Wenn die Menschen, die dir am nächsten stehen, sich als unzuverlässig erweisen, wie kannst du dann anderen vertrauen? Ich wollte mich schützen vor den schmerzhaften Enttäuschungen, die mir die Welt immer wieder zeigte.
Die ständige Unsicherheit machte mich verdammt misstrauisch. In meinen späteren Beziehungen war ich oft die, die einen Schritt zurücktrat, die Mauern hochzog und sich weigerte, ihre Gefühle zu zeigen. Ich fürchtete, verletzt zu werden, und glaubte, dass Nähe und Vertrauen nur dazu führten, dass ich wieder enttäuscht wurde.
Aber das Misstrauen, das ich als Schutzmechanismus entwickelte, wurde schnell zu meiner größten Hürde. Es isolierte mich. Ich war in einem ständigen Kampf zwischen dem Wunsch nach Nähe und der Angst vor dem Unbekannten gefangen. Die inneren Stimmen, die mir sagten, dass ich nicht wertvoll sei, schüttelten mich und hielten mich davon ab, echte Bindungen einzugehen.
Als ich begann, die Wurzeln dieser Regel zu erforschen, wurde mir klar, dass ich nicht allein war. Die Erfahrung, mit einem Elternteil zu leben, der in der Sucht gefangen war, hinterließ Narben, die tief in meiner Seele verwurzelt waren. Aber es war auch der erste Schritt, um die Ketten zu sprengen, die mich in der Vergangenheit festhielten.
Die Wahrheit ist, dass ich lernen kann, mir selbst zu vertrauen. Ich kann die Narben anerkennen, die meine Kindheit hinterlassen hat, aber sie müssen nicht mein zukünftiges Leben bestimmen. Es ist an der Zeit, die Regel „Vertraue nicht…“ zu hinterfragen und neue Glaubenssätze zu formen, die mich zu einem erfüllten Leben führen.
Ich bin wertvoll. Ich bin liebenswert. Und ich habe das Recht, Vertrauen in mich selbst und in andere zu entwickeln.
Die Herkunft der Regel „Vertraue nicht…“
Vielleicht erkennst du dich in meiner Geschichte wieder. Hast du auch erlebt, dass Menschen, die dir am nächsten stehen, dir nicht die Sicherheit geben konnten, die du dir wünscht? In vielen Familien, in denen Sucht ein zentrales Thema ist, werden unausgesprochene Regeln zu Schatten, die dich emotional prägen. Eine der häufigsten und belastendsten dieser Regeln lautet: „Vertraue nicht…“
Diese Regel hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Beziehung zu dir selbst und zu anderen und kann dein Leben entscheidend prägen. Wenn du wie viele andere COAs (Children of Addicts) aufgewachsen bist, hast du wahrscheinlich auch früh gelernt, dass du dich nicht auf deine Eltern verlassen kannst. Die wiederholten Enttäuschungen und das Fehlen emotionaler Stabilität hinterlassen Spuren, die sich tief in deinem Herzen einprägen.
Wenn die Menschen, die dich lieben sollten, dich immer wieder enttäuschen, dann ist es nur natürlich, dass du beginnst, Vertrauen als gefährlich zu empfinden. Du hast dir vielleicht selbst die Regel aufgestellt: „Es ist besser, niemandem zu vertrauen.“
Die Prägung: Was deine Kindheit mit dir gemacht hat
Die ständige Unsicherheit und Enttäuschung, die durch die Unzuverlässigkeit der wichtigsten Personen in deinem Leben entstehen, können zu tiefgreifenden emotionalen Auswirkungen führen:
- Selbstzweifel: Hast du dich je gefragt, ob du liebenswert oder wertvoll bist? Diese Zweifel nisten sich ein und begleiten viele COAs ins Erwachsenenleben. Dein innerer Kritiker ist besonders laut.
- Isolation: Wenn du niemandem vertrauen kannst, fühlst du dich oft allein. Die Angst, verletzt zu werden, führt dazu, dass du Beziehungen vermeidest oder nur oberflächlich pflegst.
- Schutzmechanismus: Um dich vor weiteren Enttäuschungen zu schützen, hast du vielleicht ein tiefes Misstrauen gegenüber anderen entwickelt. Diese Strategie, die ursprünglich als Überlebensmechanismus diente, kann im Erwachsenenleben zur Belastung werden.
Wenn Eltern emotional abwesend sind oder sich nicht richtig kümmern, erträgst du eine schmerzhafte Realität: die Einsamkeit, das Gefühl des Verlassens und die ständige Unsicherheit. Diese Erfahrungen prägen nicht nur dein Selbstbild, sondern auch deine Fähigkeit, in Beziehungen zu vertrauen und Bindungen einzugehen.
Beziehungen unter Vorbehalt: Die Spuren einer schwierigen Kindheit
Die Unfähigkeit, anderen zu vertrauen, kann dazu führen, dass du in einem Kreislauf von Enttäuschungen und Verletzungen gefangen bleibst. Wenn die Regel ‚Vertraue nicht…‘ tief in dir verankert ist, kann sie sich auf unterschiedliche Weise in deinem Leben bemerkbar machen:
- Schwierigkeiten in Beziehungen: Du findest es vielleicht schwer, intime Beziehungen einzugehen. Vielleicht ziehst du dich emotional zurück, aus Angst, verletzt zu werden.
- Misstrauen in sozialen Interaktionen: Selbst in Situationen, in denen Vertrauen angebracht wäre, hast du Schwierigkeiten, dich zu öffnen und verletzlich zu sein. Du stellst oft die Absichten anderer in Frage.
- Innere Konflikte: Das Bedürfnis nach Nähe und die Angst vor Verletzung können einen inneren Konflikt schaffen. Vielleicht fühlst du dich zerrissen zwischen dem Wunsch nach Bindung und der Überzeugung, dass Nähe gefährlich ist.
Neustart ins Vertrauen: Dein Weg zur Heilung
Es ist entscheidend zu erkennen, dass die Regel „Vertraue nicht…“ nicht die einzige Wahrheit ist. Der Weg zur Heilung erfordert Mut, die eigene Vergangenheit zu hinterfragen und neue Wege des Vertrauens zu gehen.
- Sprich darüber! Der erste Schritt zur Überwindung von Misstrauen besteht darin, das Schweigen zu brechen. Teile deine Erfahrungen mit vertrauenswürdigen Menschen oder in einer unterstützenden Gruppe, wie unsere Community. Das Teilen von Gedanken und Gefühlen kann helfen, deine Ängste zu mindern und Vertrauen neu zu definieren.
- Vertrauen aufbauen: Beginne mit kleinen Schritten, um Vertrauen zu entwickeln. Lerne, dich auf Menschen einzulassen, die sich als zuverlässig erwiesen haben. Erlaube dir, die positiven Erfahrungen zu genießen, die das Vertrauen mit sich bringen kann.
- Selbstvertrauen stärken: Arbeite daran, dein Selbstwertgefühl zu entwickeln. Es ist wichtig, dich selbst als wertvoll zu erachten und zu erkennen, dass du das Recht auf gesunde Beziehungen hast. Selbstliebe und Akzeptanz sind der Schlüssel, um die Spirale des Misstrauens zu durchbrechen.
Bevor ich zum Ende komme, lass uns einen Moment innehalten und über das Vertrauen ins Leben sprechen. Wie oft haben wir gehört, dass „das Leben immer für uns ist“, während wir in einem Chaos aus Enttäuschungen, Rückschlägen und unzähligen Tränen gefangen waren? Es ist fast so, als ob das Leben einen schrägen Sinn für Humor hat. „Vertraue mir“, sagt es, während wir durch die Scherben unserer Kindheit navigieren. Ich kann es verstehen, wenn du dich fragst, wie das überhaupt möglich sein soll. Schließlich haben wir so viele Jahre in Umständen gelebt, die wir nicht ändern konnten – wie können wir also glauben, dass alles gut wird? Aber genau hier liegt die Herausforderung: Es geht nicht darum, die Umstände zu ändern, sondern darum, unser Vertrauen in die Möglichkeit der Veränderung zu finden. Auch wenn es anfangs wie ein Witz klingt, können wir beginnen, das Leben als etwas zu sehen, das uns unterstützt und leitet. Es ist an der Zeit, die Lehren aus der Vergangenheit zu erkennen und zu verstehen, dass selbst inmitten des Sturms immer ein Funken Hoffnung darauf wartet, entfaltet zu werden. Vertrauen ist der Schlüssel – nicht nur zu anderen, sondern auch zu uns selbst und zu dem, was das Leben für uns bereithält.
Die Regel „Vertraue nicht…“ hat in vielen suchtbelasteten Familien tiefgreifende Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung und die Beziehungen im Erwachsenenalter. Doch es ist nie zu spät, diese Muster zu erkennen und zu verändern. Mit Mut, Offenheit und der Bereitschaft, an dir selbst zu arbeiten, kannst du lernen, Vertrauen zu entwickeln und gesunde Beziehungen aufzubauen.
Wenn du dich in diesen Zeilen wiedererkennst, bist du nicht allein. In der MutCircle Community – Gemeinsam stark für COAs findest du Raum für Austausch und Unterstützung. Lass uns gemeinsam den Weg zu einem vertrauensvollen Miteinander beschreiten.
sei MUTIG. sei FREI. sei DU
Deine Christina
PS Nach jahrelanger Suche und unzähligen Erfahrungen in ungesunden Beziehungen, in denen Gleichwertigkeit oft ein Fremdwort war, habe ich gerade geheiratet. Mit 46 Jahren habe ich endlich richtiges Vertrauen gelernt und eine Art von Sicherheit und Geborgenheit erfahren, die ich vorher so noch nicht erlebt habe. Es ist möglich, neue, gesunde Beziehungsmuster zu etablieren. Es ist möglich, das Leben zu führen, das du dir immer gewünscht hast. Glaub daran!
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