Wir sind die Kranken von morgen und niemand sieht hin
Hey, DU!
Ja, genau DU – der oder die das hier gerade liest.
Ich möchte dir heute etwas sagen, das mir sehr am Herzen liegt. Es ist kein leichter Text. Aber ein notwendiger.
Ich bin Christina. Ich bin COA (Child of Addicts) ein erwachsenes Kind aus einer suchtbelasteten Familie. Und ich spreche heute nicht nur für mich. Ich spreche für Millionen Kinder, die nicht gesehen werden. Die schweigen. Die funktionieren. Und die morgen die Kranken sind, weil wir heute noch immer wegschauen.
Sucht ist eine Krankheit, aber was ist mit den Kindern?
Wir haben gelernt, über Abhängigkeit zu sprechen. Über Rückfälle. Über Therapie. Über „Clean-Werden“. Und ja – das ist wichtig. Aber wenn über Sucht gesprochen wird, dann geht es fast ausschließlich um die Erkrankten – um ihre Scham, ihre Therapie, ihr Stigma. Über die Kinder wird kaum gesprochen. Dabei tragen wir das Stigma oft mit – still, ungesehen, unbehandelt.
Aber was ist mit den Kindern, die Tag für Tag im Schatten dieser Krankheit aufwachsen?
Was ist mit uns –
- den kleinen Mädchen, die schon mit 4 Jahren gelernt haben, wie man die Stimmung der Erwachsenen scannt,
- den Jungs, die im Kindergarten nicht weinen, weil sie gelernt haben, dass Tränen nichts ändern,
- den Jugendlichen, die sich mehr um ihre Eltern sorgen als um sich selbst,
- den Erwachsenen heute, die nicht wissen, warum sie sich ständig falsch, kaputt oder zu viel fühlen.
Wir stehen in keinem ICD-Katalog. Wir bekommen keinen Code. Keine Therapie auf Kassenkosten. Wir bekommen maximal später eine Diagnose, wenn wir selbst krank geworden sind.
Erst wenn wir selbst krank werden, dürfen wir plötzlich ins System.
Dann gibt es Diagnosen und Schubladen, denn wir tragen die Spätfolgen oft ein Leben lang.
💔 Panikattacken
💔 Depressionen
💔 Anpassungsstörungen
💔 Bindungsangst
💔 Burnout mit Anfang 30
💔 Das Gefühl, immer zu versagen
💔 Die Unfähigkeit, uns selbst zu spüren
Aber niemand fragt, wie wir da hingekommen sind. Niemand behandelt die Kindheit. Die Prägung. Das Familiensystem, das uns krank gemacht hat.
Und dann wundert sich die Gesellschaft, warum so viele „junge Erwachsene“ orientierungslos sind. Warum Psychotherapiepraxen überlaufen sind. Warum so viele funktionieren, aber innerlich leer sind. Weil wir die Kinder waren, die alles miterlebt haben. Weil wir oft traumatische Erfahrungen gemacht haben.Und niemand hat hingeschaut.
Und das ist der eigentliche Skandal.
Wir waren mittendrin – nicht „mitbetroffen“ – NEIN. Voll betroffen.
Ich kann das Wort „mitbetroffen“ nicht wirklich fühlen.
Es klingt wie: „Ja, ich war halt auch dabei. Hab auch was mitbekommen.“ „Mitbetroffen“ – Ein Wort, das klingt, als hätte uns jemand versehentlich mit dem Wasserschlauch angespritzt. Wir sind aber nicht „mitbetroffen“, wir waren vollständig eingebunden in eine destruktive Dynamik.
Wir waren nicht am Rand. Wir waren das unsichtbare Zentrum. Wir waren das Kind, das immer still war. Oder immer laut, damit jemand hinschaut. Wir waren verantwortlich. Angepasst. Unauffällig. Überlebend.
Wir waren abhängig von Abhängigen. Wir haben geschwiegen, ertragen, kompensiert.
Und niemand hat es erkannt. Oder erkennen wollen.
Und später heißt es dann: „War das wirklich so schlimm?“
Ja. War es. Weil wir keinen Schutz hatten. Weil niemand gekommen ist. Weil unser Nervensystem über Jahre auf Dauerstress programmiert war.
Zahlen, die eigentlich laut schreien müssten
In Deutschland leben aktuell rund 3 Millionen Kinder mit einem suchtkranken Elternteil.
- Ein Drittel dieser Kinder wird später selbst suchtkrank.
- Ein weiteres Drittel entwickelt psychische Erkrankungen.
- Schon im Kindesalter zeigen über 30 % dieser Kinder psychische Auffälligkeiten – laut KiGGS-Studie (doch sie werden oft „übersehen“, „falsch eingeordnet“ oder gar als „schwierig“ abgestempelt)
Und trotzdem wird in Schulen, Ausbildungen, der Medizin – ja, sogar in der Psychotherapie – kaum über uns gesprochen.
Ich habe mit Studierenden gesprochen, mit Therapeut:innen, mit Lehrer:innen und immer wieder höre ich:
„COAs? Was heißt das? Hatten wir mal kurz im Modul Trauma.“ „Sucht in der Familie? Das wird nicht gesondert behandelt.“ „Prävention? Fehlanzeige.“
Wie kann das sein bei 6 Millionen betroffenen Erwachsenen in Deutschland? Wie kann das sein, wenn jedes fünfte Kind betroffen ist?
Kein ICD-Schlüssel für ein gebrochenes Kind
Was wir erlebt haben, steht in keinem Diagnosekatalog. Aber es zeigt sich später in jedem Bereich unseres Lebens:
- in Beziehungen, die uns überfordern
- in Jobs, in denen wir uns aufreiben
- im Alltag, in dem wir nur noch funktionieren
Und genau deshalb habe ich die HSZ-Transformation entwickelt.
Ein Programm für COAs, das nicht auf die Diagnose schaut, sondern auf die tieferen Wunden: Bindung, Vertrauen, Identität.
Ich konnte nicht länger warten, bis das System uns erkennt. Also habe ich selbst etwas aufgebaut.
Warum ich die HSZ-Transformation entwickelt habe
Ich bin nicht nur selbst COA – ich bin heute Mutmentorin, Coach, Prozessbegleiterin. Und ich sehe jeden Tag, was möglich ist, wenn endlich jemand den Schmerz hinter dem System erkennt.
Die HSZ-Transformation (Herkunft – Stärkung – Zukunft) ist eine Brücke, wo das System versagt:
- weil COAs keine „richtige Diagnose“ haben
- weil sie oft falsch einsortiert oder auf oberflächliche Symptome reduziert werden
- weil sie funktional, klug, angepasst erscheinen – aber innerlich leer sind
Verantwortung ist keine Privatangelegenheit
Ich engagiere mich als Vorstandsmitglied bei NACOA e.V., weil ich glaube: Wir brauchen eine Stimme. Eine Lobby. Ein echtes Netzwerk.
Es braucht Aufklärung. Haltung. Verantwortung.
Nicht irgendwann. Jetzt.
Denn: Wenn wir weiter wegsehen, sind wir mitverantwortlich für das Leid der Kinder. Wir tragen alle Verantwortung für Burnoutwellen, Beziehungskatastrophen, Suchtkreisläufe, verlorene Lebensjahre.
🩵 Wir brauchen kein Mitleid.
🩵 Wir brauchen keine Schuldzuweisungen.
🩵 Wir brauchen Wahrhaftigkeit, Sichtbarkeit, Veränderung.
Und wenn ich dafür immer wieder aufstehen muss – auch mit blauen Flecken – dann tu ich das. Weil wir endlich hinschauen müssen.
Vielleicht bist du betroffen. Vielleicht kennst du jemanden.
Vielleicht arbeitest du mit COAs.
Dann lass uns ins Gespräch kommen.
✨ Ich schenke dir einen MutivationsTalk – 45 Minuten für dich. Kostenlos. Klar. Ehrlich. Bewegend.
💌 oder schreib mir einfach an christina@menschsuchtbindung.de
Denn wir sind viele. Und wir werden laut.
sei MUTIG. sei FREI. sei DU
Deine Christina
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