Cycle Breaker: Wenn du den Kreislauf der Vergangenheit durchbrichst

Der Elefant im Raum: Das Schweigen der Sucht

Hey, DU!

Stell dir vor, du bist ein Kind, vielleicht fünf oder sechs Jahre alt. Du betrittst das Wohnzimmer, wo deine Familie zusammen ist. Alle reden, lachen, streiten – aber da ist diese seltsame Stille unter den Worten. Du spürst, dass etwas nicht stimmt, aber niemand sagt etwas. Es ist, als würde ein riesiger Elefant mitten im Raum stehen. Dieser Elefant hat einen Namen: Sucht. Doch niemand spricht ihn aus.

Du scannst den Raum mit deinen feinen Antennen. Deine Empathie ist eine Stärke, denn du hast gelernt, jede Stimmung, jede Nuance zu erspüren. Als COA (children of addicts) weißt du genau, wie du dich verhalten musst, damit alles ruhig bleibt, damit kein Streit entsteht. Du wirst unsichtbar, passt dich an, bist stets wachsam. Für dich, als Kind, ist diese Spannung fast unerträglich. Du fragst dich, ob du etwas falsch gemacht hast. Deine Eltern verhalten sich anders – manchmal liebevoll, manchmal kalt und unnahbar. Du lernst schnell, dass es besser ist, zu schweigen und unauffällig zu sein, um die Situation nicht noch schlimmer zu machen.

Das Schweigen mit suchtkranken / alkoholkranken Eltern hat viele Gesichter. Erfahre mehr darüber, warum diese Regel so tief sitzt und wie sie aufgebrochen werden kann. Zum Blogbeitrag „Hinter verschlossenen Türen: Sprich Nicht!“

Ungesagte Worte, ungesunde Muster

„Was sollen die Nachbarn denken? “ – Diesen Satz hast du oft gehört. Oder: „Sei nicht so empfindlich!, Hab dich nicht so?“ Wenn du geweint hast. Vielleicht hast du auch gelernt, dass es besser ist zu sagen: „Es ist alles gut“, selbst wenn es sich tief in dir drinnen gar nicht so anfühlt.

Du bist aufgewachsen in einer Welt, in der eigene Gefühle keinen Platz hatten. Wenn du traurig warst, hast du es versteckt. Wenn du Angst hattest, hast du dir eingeredet, dass du dich nur anstellst, das es nicht so schlimm ist. Und so entstand eine Kultur des Schweigens, in der du funktionieren musstest, um die Illusion von Normalität aufrechtzuerhalten.

Wie sich das anfühlt, ein COA zu sein

Vielleicht erinnerst du dich an Momente, in denen du im Bett lagst und das Streiten, Schreien oder Türen schmeißen deiner Eltern durch die Wände hörtest. Du hast deine Decke über den Kopf gezogen und gehofft, dass alles bald vorbeigeht. Oder du kamst nach der Schule nach Hause und wusstest nicht, welche Version deiner Eltern dich erwartet: die liebevollen oder die unberechenbaren?

Diese Unsicherheit hat dich geprägt. Du hast gelernt, die kleinste Stimmungen zu erkennen und dich anzupassen, bevor jemand laut wurde, bevor wieder etwas schlimmes passiert. Du hast vielleicht sogar angefangen zu denken, dass es deine Schuld ist, wenn etwas schiefgeht. Denn niemand hat dir gesagt, dass der Elefant im Raum nichts mit dir zu tun hat und nicht dein Problem ist.

Transgenerationales Trauma: Das ungesagte Erbe

Die Sucht war vielleicht nicht nur in deinem Elternhaus präsent. Deine Großeltern könnten schon ähnliche Muster erlebt haben. Vielleicht war Alkohol schon für sie ein Weg, um mit Schmerz, Trauer, Angst und Verlust umzugehen. Und so wiederholen sich die Kreisläufe, oft über Generationen hinweg. Das Schweigen, die Scham, die Verdrängung – sie werden zu einem unsichtbaren Erbe, das in dir weiterlebt.

Epigenetische Studien zeigen, dass traumatische Erlebnisse wie Sucht oder Gewalt Spuren in unserem Zellgedächtnis hinterlassen. Diese „Zell-Erinnerung“ sorgt dafür, dass selbst Menschen, die niemals direkt mit der Sucht konfrontiert waren, die Auswirkungen der Dynamik spüren. Vielleicht bist du nicht selbst suchtkrank, aber du kämpfst mit Angst, Scham oder einem tiefen Gefühl von „ich bin nicht gut genug“, ohne genau zu wissen, warum.

Artikel: Wie sich ein vererbtes Trauma bemerkbar macht

 

Cycle Breaker: Wenn du den Kreislauf der Vergangenheit durchbrichst: Du bist der Wendepunkt

Die verschleierte Normalität

Als Kind wusstest du nicht, dass das, was du erlebst, nicht normal ist. Es war einfach dein Alltag. Vielleicht dachtest du sogar, dass es in allen Familien so ist. Deine Eltern haben dir beigebracht, die Fassade aufrechtzuerhalten, nach außen hin alles perfekt wirken zu lassen. Aber tief in dir wusstest du, dass etwas nicht stimmte.

Gespräche über Gefühle oder Konflikte gab es selten oder nie. Wenn jemand traurig war, wurde das heruntergespielt. Wenn jemand wütend war, wurde es ignoriert. Und so hast du gelernt, deine eigenen Gefühle zu verbergen und dich anzupassen.

Die Rolle von Partner:innen in der Sucht-Dynamik

Vielleicht hast du erlebt, wie deine Mutter oder dein Vater in einer ungesunden Beziehung mit einem suchtkranken / alkoholkranken Partner gefangen war. Die Ehefrau, die sich selbst als Opfer sieht, aber nicht aus der destruktiven Beziehung befreien kann. Oder der Ehemann, der still wegschaut, nichts sagt und doch alles spürt. Auch sie sind Teil dieses Systems, der Dynamik. Die Kinder wachsen in einem Umfeld auf, in dem Hilflosigkeit und Dysfunktionalität zur Normalität werden.

Viele von uns entwickeln in solchen Familien eine starke Ablehnung gegenüber bestimmten Verhaltensmustern ihrer Eltern oder Partner:innen. Häufig höre ich von meinen Kund:innen: „Ich will nicht so werden wie sie/er.“ Doch diese Ablehnung betrifft oft auch einen inneren Anteil von uns selbst, denn diese Muster sind Teil unseres Erbes. Wenn wir diese Anteile von uns ablehnen, verhindern wir eine gesunde Verbindung zu uns selbst. Die Arbeit mit inneren Anteilen kann hier enorm hilfreich sein, um Frieden mit diesen Aspekten zu finden und eine tiefere Selbstannahme zu erreichen. Erfahre mehr darüber im Blogartikel „Die Macht der inneren Anteile: Ein Weg zu Selbstverständnis und Heilung“

Das Verhaltensmuster setzt sich fort, bis jemand den Mut hat, es zu durchbrechen.

Wie sich dysfunktionale Familiensysteme entwickeln

Dysfunktionale Familiensysteme entstehen oft aus einer Überlebensstrategie. Deine Eltern haben vielleicht selbst nie gelernt, wie man gesund mit Gefühlen umgeht. Sie haben getan, was sie konnten, mit dem, was sie hatten. Doch dieses Verhalten wird weitergegeben – oft unbewusst.

Ein Beispiel:

  • Vater: Er wuchs mit einem alkoholabhängigen Vater auf und lernte, Gefühle zu verdrängen oder aggressiv abzureagieren.
  • Mutter: Sie erlebte, dass Konflikte unter den Teppich gekehrt wurden, um die Harmonie zu bewahren.
  • Kinder: Du und deine Geschwister mussten vielleicht Rollen übernehmen, die nicht für euch bestimmt waren. Ein älteres Kind wurde zum „Elternteil“, ein jüngeres versuchte, unsichtbar zu bleiben.

Der Mut zur Veränderung

Es erfordert unglaublich viel Mut, diese Muster zu durchbrechen. Du darfst hinsehen, wo vorher weggeschaut wurde. Du darfst die Wunden berühren, die niemand zuvor heilen wollte. Aber genau hier liegt die Kraft eines Cycle Breakers.

Wie du den Kreislauf durchbrichst

  1. Muster erkennen: Frage dich, welche Verhaltensweisen du von deinen Eltern übernommen hast. Sind sie noch hilfreich? Oder halten sie dich zurück?
  2. Grenzen setzen: Lerne, Nein zu sagen. Es ist nicht egoistisch, sondern notwendig.
    • Mein Praxis-Tipp: Sage klar: „Ich brauche Zeit für mich.“
  3. Bedürfnisse wahrnehmen: Was brauchst du wirklich? Schreibe es auf und erlaube dir, diese Bedürfnisse ernst zu nehmen.
  4. Selbstfürsorge: Nimm dir bewusst Zeit für dich. Selbst kleine Rituale können einen Unterschied machen.
  5. Inneren Kritiker beruhigen: Wenn du denkst, dass du nicht genug bist, erinnere dich: Du bist gut genug, genau so, wie du bist.
  6. Unterstützung annehmen: Therapie oder Coaching sind kein Zeichen von Schwäche, sondern von Mut.

Möchtest du aktiv an deiner Heilung arbeiten? Mein Programm auf drei Säulen bietet dir einen klaren Weg zu mehr innerer Balance:

  • Heilung: Lass alte Wunden heilen und finde Frieden mit der Vergangenheit.
  • Stärkung: Entwickle ein gesundes Selbstbild und entdecke deine inneren Ressourcen.
  • Zukunftsgestaltung: Gestalte dein Leben bewusst und frei von alten Mustern.

Mit der HSZ-Transformation unterstütze ich dich dabei, innere Balance zu finden und deine persönliche Freiheit zu erreichen. Melde dich jetzt an und lass uns gemeinsam diesen Weg gehen. Hier erfährst du mehr über das Programm.

Möchtest du herausfinden, welche Muster dich zurückhalten?
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Warum sind Cycle Breaker so wichtig?

Ein Cycle Breaker ist jemand, der den Mut hat, generationsübergreifende Muster von Trauma, dysfunktionalem Verhalten und destruktiven Familienstrukturen zu durchbrechen.

Gerade, wenn du mit suchtkranken / alkoholkranken Eltern aufgewachsen bist, kommt dieser Rolle eine besondere Bedeutung zu, denn das Schweigen und die Verdrängung, die oft das Fundament der Familien bilden, können nur gebrochen werden, wenn jemand bereit ist, hinzusehen und es laut auszusprechen.

Das ist keine leichte Aufgabe. Als Cycle Breaker bist du oft die erste Person, die den Mut hat, das Familiengeheimnis zu benennen. Du bist diejenige, die bereit ist, die Schmerzpunkte anzusehen und alte Muster zu hinterfragen – selbst wenn das bedeutet, von der Familie als Verräter:in betrachtet zu werden. Es ist nicht ungewöhnlich, dass diese Reise Kontaktabbrüche, Kritik oder sogar Ablehnung mit sich bringt, weil es für andere unbequem ist, sich mit diesen Themen zu beschäftigen.

Doch genau darin liegt die Kraft eines Cycle Breakers:

Die Bereitschaft, für die eigene Heilung einzustehen, auch wenn es bedeutet, den einfachen Weg zu verlassen. Indem du die alten Muster erkennst, sie hinterfragst und schließlich veränderst, öffnest du nicht nur dir selbst neue Wege, sondern schaffst auch Raum für zukünftige Generationen.

Du bist der Wendepunkt in einer Geschichte, die sonst immer gleich weitergeschrieben worden wäre.

Es ist mutig, sich gegen das Schweigen zu stellen, und es ist schmerzhaft, den Widerstand auszuhalten. Doch dein Handeln sendet eine kraftvolle Botschaft:

Der Kreislauf endet hier.

Cycle Breaker zu sein, bedeutet nicht nur, deine eigene Geschichte zu verändern, sondern auch die Chance zu schaffen, dass die Menschen, die nach dir kommen – und die in deinem Umfeld leben – ein gesünderes, freieres Leben führen können.

sei MUTIG. sei FREI. sei DU

Deine Christina

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